Beschluss: Kenntnis genommen

Im Zusammenhang mit der Prüfung der Lärmbelastung im Anrainerbereich des Rheins durch sog. „Partyschiffe“ hat die Verwaltung der Bezirksvertretung Innenstadt und dem Ausschuss für Anregungen und Beschwerden bereits mehrfach berichtet (Vorlagen-Nummern 0954/2012, 2284/2012 und 0458/2013). Auf den Inhalt der vorgenannten Vorlagen wird verwiesen.

 

Die Verwaltung teilt hierzu folgenden aktuellen Sachstand mit:

Nach Erstellung und Auswertung der lärmgutachterlichen Stellungnahme (Anlage Lärmgutachten) konnte auf dieser Basis zwischenzeitlich ein Lärmkonzept für die Eventschifffahrt auf dem Rhein im Teilabschnitt Köln erarbeitet werden.

Ziel dieses Konzeptes ist es, die Lärmbelastung der Kölner Bevölkerung im Rahmen der Lärmrichtwerte auf ein Minimum zu beschränken. Ferner soll eine Differenzierung zwischen den Veranstaltungen, die sich innerhalb der zulässigen Lärmwerte bewegen und den Veranstaltungen, die diese Werte überschreiten und objektiv störenden Lärm verursachen, erreicht werden.

 

Ein weiterer tragender Aspekt ist der notwendige Interessenausgleich zwischen den Belangen der Anwohner und der Betreiber von (erlaubten und genehmigungsfreien) Eventveranstaltungen auf dem Rhein. Ein pauschales ordnungsrechtliches Verbot dieser Eventveranstaltungen oder eine Beschränkung auf den Innenbereich der Fahrgastschiffe ist derzeit wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht rechtssicher durchsetzbar. Bevor ein solch intensiver hoheitlicher Eingriff in die (ebenfalls) grundrechtlich geschützten Rechtspositionen der Betreiber (Artikel 12 und 14 GG) gerechtfertigt ist, muss zunächst geprüft werden, ob mildere – aber gleich geeignete – Maßnahmen zum Schutz der Anwohner getroffen werden können. An dieser Stelle setzt das nachfolgende Lärmkonzept an.

 

Sollte sich dieses insgesamt oder im Hinblick auf einzelne Betreiber als ungeeignet erweisen, den Lärmschutz der Anwohner zu garantieren, können sodann entsprechende Auflagen und ggf. Verbote angeordnet werden.

 

Das Lärmkonzept bezweckt die präventive Vermeidung von Lärm. Davon unberührt bleibt die Möglichkeit, Verstöße gegen das Landes-Immissionsschutzgesetz NW (LImSchG NW), das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) oder dem Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) zu ahnden. Im Bereich repressiver Maßnahmen stellt das Lärmkonzept einen objektivierten Rahmen (orts-, zeit- und objektbezogene Richtwerte) zur Verfügung, der die Ahndung von Verstößen und ggf. nachfolgende Ordnungsmaßnahmen rechtssicherer zulässt als derzeit möglich.

 

Das Konzept ist mit den regionalen und überregionalen Betreibern von Eventschiffen erörtert worden (Köln-Düsseldorfer, Oceandiva, Bonner Personenschifffahrt, Dampfschifffahrt Colonia, Pure-Liner). Im Rahmen der Gespräche konnte festgestellt werden, dass alle beteiligten Betreiber ebenfalls an einem Interessenausgleich interessiert und insgesamt für das Thema sensibilisiert sind. Das korrespondiert mit der insgesamt deutlich rückläufigen Anzahl an Lärmbeschwerden im Hinblick auf Partyschiffe für 2012/2013 im Vergleich zu 2011. Es wurden in diesem Zeitraum lediglich 4 Lärmbeschwerden durch die Wasserschutzpolizei und die Stadt Köln registriert.

 

Aus rein tatsächlicher Sicht sei es für die Betreiber aber immer noch schwer abzuschätzen, welche Lärmbelastung an den verschiedenen Rheinabschnitten bei den Anwohnern ankomme und ab wann die rechtliche Erheblichkeitsschwelle überschritten sei.

 

Rahmenbedingungen und Lärmminderungsmaßnahmen

Bei der Durchführung von Schifffahrten auf dem Rhein im Stadtgebiet Köln passieren die Schiffe sowohl links- als auch rechtsrheinisch bewohntes Gebiet in unmittelbarer Rheinnähe. Das Abspielen von Musik während der Partyfahrten, soweit es über Lautsprecheranlagen am Oberdeck, mithin unter freiem Himmel stattfindet, ist ebenso wie jedwedes Abspielen von Musik außerhalb geschlossener Räume auf den Schiffen geeignet, die Anwohner in ihrem Recht auf Ruhe zu beeinträchtigen.

 

Die Zeit zwischen 22 Uhr und 6 Uhr des Folgetages ist im Sinne von § 9 Absatz 1 des Landesimmissionsschutzgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LImSchG NRW) dem Schutz der Nachtruhe vorbehalten. Aber auch außerhalb dieses zeitlichen „Kernbereichs“ können Lärmemissionen zu einer erheblichen Belästigung führen und stellen damit einen Eingriff in geschützte Positionen der Allgemeinheit bzw. der Nachbarschaft dar. Es gilt insoweit die allgemeine Grundpflicht aus § 22 Abs. 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), wonach schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden oder zu vermindern sind, soweit dies nach dem Stand der Technik möglich ist; unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen sind auf ein Mindestmaß zu beschränken.

 

Messung, Beurteilung und Verminderung von Geräuschimmissionen bei Freizeitanlagen richten sich vorrangig nach dem sog. Freizeitlärmerlass (RdErl. des Ministeriums für Umwelt und Natur, Landwirtschaft und Verbraucherschutz). Der Erlass ist auch auf sog. „Event- bzw. Partyschiffe“ anwendbar. Er regelt Immissionsgrenzwerte für bestimmte Baugebiete für Werktage außerhalb und innerhalb der Ruhezeiten sowie Sonn- und Feiertage und Nachtzeiten.

Entscheidend ist hier die Schutzwürdigkeit der baulichen Nutzung entlang beider Seiten des Rheins. Um verlässliche Vorgaben entwickeln zu können, ist die bauliche Nutzung entlang des Rheinufers auf der Basis einer Karte (Gebietsausweisungen - vgl. Lärmgutachten Seite 2) zusammengestellt worden.


 

(Immissionswerte gemäß Freizeitlärmerlass i.V.m. TA-Lärm)

Gebietsausweisung

Immissionswerte in dB(A)

werktags

Immissionswerte in dB(A)

sonn- und feiertags

Tag

Nacht

Tag

Nacht

außerhalb der Ruhezeit

08.00-20.00

Uhr

innerhalb der Ruhezeit

06.00-

08.00 Uhr,

20.00-22.00

Uhr

lauteste volle Stunde

22.00-06.00

Uhr

außerhalb der Ruhezeit

09.00-13.00

Uhr,

15.00-20.00

Uhr

innerhalb der Ruhezeit

07.00-

09.00 Uhr,

13.00-15.00 Uhr,

20.00-22.00 Uhr

lauteste volle Stunde

22.00-07.00

Uhr

Gewerbegebiete

65

60

50

60

60

50

Dorfgebiete, Kerngebiete, Mischgebiete

60

55

45

55

55

45

allg. Wohngebiete

55

50

40

50

50

40

reine Wohngebiete

50

45

35

45

45

35

Kurgebiete, Krankenhäuser, Pflegeanstalten

45

45

35

45

45

35

 

Auf der Grundlage der immissionsschutzrechtlichen Schutzbedürftigkeit insbesondere der Wohnbebauung am Rheinufer ist der Verlauf des Rheins im Stadtgebiet in Immissionszonen eingeteilt worden, in denen die schützenswerteste Bebauung den Grenzwert nach dem Freizeitlärmerlass vorgibt. Dabei ist die dauerhaft vom Schiff ausgehende Beschallung als Mittelungspegel anzusehen. Dass das Schiff am Ufer entlang fährt und vor Ort jeweils nur für kurze Zeit zu hören sein wird, ist für die Berechnung unerheblich. Mittels vorgenannter Gebietsausweisungen kann für Köln (und für Teile Leverkusens) jeweils exakt bestimmt werden, welche Lärmimmissionen in dB(A) zu bestimmten Zeiten konkret bei der schützenswerten Bebauung ankommen dürfen. Damit ist allerdings noch nicht bestimmt, welche Emissionen in dB(A) von der jeweiligen Lärmquelle, d.h. dem Schiff, ausgehen dürfen. Dies geschieht anhand eines Rückrechnungsmodelles, welches die verschiedenen relevanten Parameter, wie z.B. Nähe der Schiffe zum Ufer, Rheinpegel, Ausrichtung der Beschallungsanlage etc., berücksichtigt. Vereinfacht dargestellt, wird bei der Rückrechnung als Maßstab einerseits die empfindlichste Nutzung (Wohnbebauung) innerhalb der Ruhezeiten angesetzt, auf der anderen Seite muss zugleich ein ausreichender, einheitlicher Nutzpegel auf dem Schiff gewährleistet werden, damit der Charakter der Veranstaltung gewahrt bleibt.

 

Hieraus ergeben sich für die Betreiber folgende – im Detail technisch noch abzustimmende (vgl. Seite 52 f. des Gutachtens) – Vorgaben durch die Stadt Köln:

-          Einpegelung der verwendeten Beschallungsanlagen und Limitierung des Schalldrucks auf einen vorgegebenen Höchstversorgungspegel

-          Einhaltung bestimmter Fahrrinnen auf dem Rhein in Abhängigkeit der Zonierung und schützenswerten Anrainerbebauung (vgl. Seite 49 des Gutachtens)

-          Nachweis über die vorgenannten Maßnahmen und Protokollierung der Einhaltung der Vorgaben für die einzelnen Veranstaltungen (z.B. technische Aufzeichnung der Routen über GPS, Messungen von Lärmsachverständigen bei der Veranstaltung etc.)

 

Die Verwaltung wird nach einer Evaluierungsphase über das Ergebnis der Umsetzung des Lärmschutzkonzepts informieren.

 


Die Bezirksvertretung Porz nimmt die Mitteilung der Verwaltung zur Kenntnis.