Nachtrag: 23.03.2017
Sitzung: 23.03.2017 LA/0020/2017
Beschluss: Kenntnis genommen mit erneuter Wiedervorlage
Vorlage: 3358/2016
Beantwortung einer Anfrage:
Ulrich-Haberland-Haus
„Seit geraumer Zeit wird für das städtische
Baudenkmal „Ulrich-Haberland-Haus“, das unmittelbar am ebenfalls unter
Denkmalschutz stehenden Stammheimer Schlosspark liegt und gemäß Landschaftsplan
ein geschützter Landschaftsbestandteil ist, nach einer angemessenen Nutzung
durch einen Investor gesucht. Derzeit interessieren sich unseres Wissens zwei
Investoren für dieses Objekt, die jeweils von in Köln bekannten und
renommierten Architekten begleitet werden. Im Wesentlichen beinhalten ihre
Konzepte eine Wohnnutzung für altengerechtes und betreutes Wohnen. Vor diesem
Hintergrund bitten wir die Verwaltung um Beantwortung folgender Fragen:
1. Führt die Verwaltung mit diesen
Interessenten Gespräche und wie ist der Sachstand dieser Gespräche?
2. Welche
konkreten Nutzungsvorstellungen wurden seitens der Interessenten dargestellt?
3. Welche denkmalschutz-, planungs- und
genehmigungsrechtlichen Erfordernisse sind bei einer Wohnnutzung des
Ulrich-Haberland-Hauses zu berücksichtigen und unter welchen Rahmenbedingungen
ist eine Wohnnutzung realisierbar?
4. Treffen Informationen zu, wonach die
Stadtentwässerungsbetriebe Köln AöR (StEB) Planungen betreibt, das Großklärwerk
Stammheim in südliche Richtung zu erweitern und zu diesem Zweck sogar den
Abriss des denkmalgeschützten Ulrich-Haberland-Hauses in Erwägung ziehen zu
wollen?
5. Welche Motive veranlassen die
Verwaltung -sofern dies zutreffen sollte- einen solch gravierenden Sachverhalt
nicht den zuständigen Ratsgremien darzulegen?“
Stellungnahme der Verwaltung:
Zu
Frage 1:
Die
Verwaltung hat bei Anfragen zu einer möglichen Nutzung des
Ulrich-Haberland-Hauses sämtliche Interessenten in persönlichen Gesprächen,
Briefen, E-Mails oder Telefonaten über den Sachstand ausführlich informiert.
Sämtliche Gespräche sind abgeschlossen.
Zu
Frage 2:
Sämtlichen
Anfragen der letzten Jahre war gemeinsam, dass sie nicht konkret waren bzw.
auch nach Informationsgesprächen nicht konkreter wurden. Ohne eine vertiefte
Auseinandersetzung mit den bestehenden rechtlichen und tatsächlichen
Rahmenbedingungen und unter Verzicht auf die Entwicklung planungsrechtlicher
Lösungsvorschläge wurden zum Teil lediglich anhand von graphischen Skizzen Ideen
zu Wohnnutzungen unterschiedlicher Ausprägung präsentiert.
Zu
Frage 3:
Eine
Wohnnutzung ist aufgrund der bauplanungsrechtlichen Gegebenheiten
ausgeschlossen.
Begründung:
Das
1952von der Bayer AG als Altenheim errichtete Gebäude wurde wegen geringer Auslastung
1982 geschlossen und an die Stadt verkauft. Zwischen 1983 und 2001 wurde es als
Studentenwohnheim genutzt. Seitdem steht es leer. Die denkmalrechtliche
Unterschutzstellung erfolgte 1989. Der unmittelbar angrenzende Schlosspark
steht bereits seit 1980 unter Denkmalschutz. Das Ulrich-Haberland-Haus hatte
eine Baugenehmigung als Alten- bzw. Studierendenwohnheim und genoss daher
Bestandsschutz. Da seit der Aufgabe der früheren Nutzung bereits 15 Jahre
vergangen sind, ist dieser Bestandsschutz
jedoch erloschen.
Jede
Nutzung würde daher eine neue
Baugenehmigung erfordern. Diese kann
jedoch aus folgenden Gründen nicht
erteilt werden:
- Es existiert kein Bebauungsplan. Bereits
2013 wurde festgestellt, dass ein Bebauungsplan, der eine Wohnnutzung
vorsieht, auch nicht aufgestellt werden kann. Der
Stadtentwicklungsausschuss hatte deshalb am 14.03.2013 in öffentlicher
Sitzung einstimmig das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans im
Kontext des Projekts „:rhein – wohnen am strom“ aufgehoben. Dem
vorangegangen war eine differenzierte Abwägung der Stellungnahmen, der
fachtechnischen Prüfung und der Betrachtung der Wirtschaftlichkeit des Bebauungsplan-Entwurfs.
Es musst festgestellt werden, dass das städtebauliche Konzept nicht mehr
umgesetzt werden konnte, da
-
die
Berücksichtigung des Erhalts des Naturdenkmals (Platane) und der Wegebeziehung
im Nordwesten des Schlossparks den westlichen Baukörper in einem Maß reduziert,
das eine wirtschaftliche Umsetzung nicht mehr gegeben ist,
-
die
Berücksichtigung der historischen Hochwasserschutzmauer ein Plateau zum Rhein
hin als entwurflichen Kerngedanken unmöglich macht,
-
die
Maßgabe der Erschließung über die Straße Am Stammheimer Schlosspark die
Verschiebung des östlichen Baukörpers nach Süden in den Schlosspark erfordert,
was eine weitere Beeinträchtigung des Schlossparks nach sich zöge.
Ferner
resultierte im o.g. Verfahren aus der frühzeitigen Beteiligung der
Dienststellen und Träger öffentlicher Belange, dass ein umfänglicher Ausbau der
Straße Am Stammheimer Schlosspark für die Erschließung erforderlich wäre.
Demgegenüber wurde der unbedingte Erhalt des wertvollen schützenswerten
Baumbestands im Schlosspark eingefordert. Zu diesem Zweck wurde eine
Baumkartierung angefertigt.
Der Ausbau der Straße Am Stammheimer Schlosspark als öffentliche
Erschließungsanlage und der Schutz des Stammheimer Schlossparks erschwerten
zudem die Anlage der erforderlichen Stellplätze erheblich. Für ebenerdiges
Parken im Plangebiet müssten größere Flächen versiegelt werden. Eine Tiefgarage
würde ebenfalls Eingriffe in den Baumbestand des Parks bedeuten und wäre in der
wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung (Sanierung des denkmalgeschützten
Ulrich-Haberland-Hauses, Ausbau der Straße Am Stammheimer Schlosspark) nicht
finanzierbar.
Nach Abwägung der Stellungnahmen, der fachtechnischen Prüfung und der
Betrachtung der Wirtschaftlichkeit konnte die planerische Grundlage für den
Bebauungsplan-Entwurf nicht aufrechterhalten werden. Die Verwaltung empfahl
daher, das Vorhaben, ergänzende Neubauten planungsrechtlich zu sichern,
aufzugeben und das Bauleitplanverfahren einzustellen. Mit Verzicht auf eine
ergänzende Bebauung entfiel auch das Planerfordernis nach § 1
Absatz 3 Satz 1 BauGB.
- Rechtsgrundlage für die
planungsrechtliche Beurteilung einer Nutzungsänderung des
Ulrich-Haberland-Hauses ist § 35 BauGB, Außenbereich. Dort sind regelmäßig
nur sogenannte „privilegierte Nutzungen“ zulässig. Dazu gehören
beispielsweise landwirtschaftliche Betriebe oder auch solche Nutzungen,
die im Bebauungszusammenhang aufgrund ihrer Emissionen selbst zu
Beeinträchtigungen führen würden. Wohnnutzungen gehören nicht dazu.
Bei denkmalgeschützter, also erhaltenswerter Substanz, wie dies hier der Fall ist (vgl. § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB), wären grundsätzlich auch andere Nutzungen zulässig, auch eine Wohnnutzung. Eine entsprechend sensible Nutzung scheidet jedoch aus Sicht der Verwaltung aufgrund der Unverträglichkeit mit der in unmittelbarer Nachbarschaft befindlichen Abwasserbehandlungsanlage aus. Das Risiko, dass auch weniger sensible Nutzungen des Ulrich-Haberland-Hauses zu massiven betrieblichen Einschränkungen der unmittelbar benachbarten Abwasserbehandlungsanlage, einer zentralen Infrastruktureinrichtung der Stadt Köln, führen könnte, wäre enorm hoch und ist daher unbedingt zu vermeiden.
- Die Stadtentwässerungsbetriebe haben mit Schreiben vom 10.12.2013 die Änderung des Flächennutzungsplanes beantragt. Im Flächennutzungsplan wird das Areal derzeit als Grünfläche mit dem Signet "Alteneinrichtung" dargestellt. Die StEB beantragten eine Änderung des FNP. Aufgrund erforderlicher Erweiterungen des Großklärwerkes und Anpassungen an den Stand der Technik (Einbau einer 4. Reinigungsstufe) sollte das Areal des Ulrich-Haberland-Hauses und weitere Teile des Schlossparks in einer FNP-Fortschreibung für Klärwerkserweiterungsbedarfe reserviert werden. Einen aktuellen Bedarf für die Erweiterung gibt es nicht, lediglich im Sinne einer Vorsorgemaßnahme sollte der FNP angepasst werden. Diesen Antrag hat 61 mit Schreiben vom 19.02.2014 an die StEB abgelehnt mit dem Hinweis auf die unter Denkmalschutz stehenden Anlagen Schlosspark und Ulrich-Haberland-Haus.
- 23 als Eigentümerin des
Ulrich-Haberland-Hauses hatte die Absicht, das Gebäude niederzulegen, weil
der bauliche Zustand als desolat zu bezeichnen und nach Ansicht von 23
aufgrund der unzureichenden Erschließung und der Restriktionen aus dem
Landschafts- und Denkmalschutzschutz eine wirtschaftliche Nutzung des
Gebäudes nicht darstellbar ist. Diese Haltung fand auch ihren Niederschlag
in der Beantwortung einer Anfrage der CDU-Fraktion der BV Mülheim am
26.01.2015 (Session-Nr. 0102/2015). Aufgrund dieser Beantwortung fasste
die BV Mülheim in ihrer Sitzung am 09.03.2015 in einem gemeinsamen
Dringlichkeitsantrag den Beschluss, dass der Abriss des
Ulrich-Haberland-Hauses abgelehnt würde und die Verwaltung beauftragt
wird, nach einem geeigneten Investor zu suchen (AN 0435/2015). Diesen
Auftrag bemüht sich 23 umzusetzen, aufgrund der geschilderten
Restriktionen allerdings bislang ohne Erfolg.
Die erneute Betrachtung des Sachverhaltes im März
2017 durch das Stadtplanungsamt bestätigte die vorangegangenen
Schlussfolgerungen. Die Schaffung von Planungsrecht für eine
neue Nutzung des Ulrich-Haberland-Hauses ist auch bei nochmaliger Betrachtung
nicht möglich. Zusätzlich zu den bereits aufgeführten Rahmenbedingungen
kommen folgende Aspekte hinzu:
- Auf dem Klärwerksgelände treten
tieffrequente Impulsgeräusche auf. Diese Geräusche lassen sich nicht
unterbinden und ein wirksamer Schutz vor diesen ist aufgrund der Frequenz
nicht möglich. Verschärft würde der Konflikt zwischen Wohnnutzung und
Kläranlage durch eine aller Voraussicht nach notwendige Erweiterung der
Kläranlage, wobei dann auch die Frage der Geruchsbelastung neu bewertet
werden müsste.
- Bei der Kläranlage handelt es sich um
eine ortsgebundene Einrichtung mit übergeordnetem öffentlichen Belang. Bei
der Abwägung des öffentlichen Interesses nach Erhalt und Nutzung eines
Denkmals gegen den Belang des Schutzes einer Großkläranlage muss der
Schutz der Kläranlage mit den getroffenen Investitionen deutlich schwerer
wiegen.
Das
Stadtplanungsamt sieht auch nach nochmaliger Prüfung des Sachverhalts keine
Möglichkeit, durch ein Bebauungsplanverfahren die Nachnutzung des
Ulrich-Haberland-Hauses mit einer Wohnnutzung zu ermöglichen, ohne dass es zu
etwaigen Beeinträchtigungen des Klärwerksbetriebes kommen könnte. Die
Herstellung einer gesicherten Erschließung ist aufgrund des Baumbestandes und
des Denkmals „Schlosspark“ faktisch unmöglich.
Die
Spielräume für eine Genehmigung nach § 35 BauGB sind sehr stark eingeschränkt.
Der Flächennutzungsplan als öffentlicher Belang enthält für das Areal lediglich
das Signet „Alteneinrichtung“. Die seinerzeitige Nutzung als Studentenwohnen
liegt länger als sieben Jahre zurück, der Bestandsschutz ist damit verwirkt.
Im
Weiteren ist zwingend zu bedenken, dass zur Versorgung der Stadt die Sicherung
des Standortes für das Klärwerk mit seinen Ausbauerfordernissen zu
gewährleisten ist in Anbetracht der Prognose zum Wachstum der Stadt.
Zu
Fragen 4 und 5:
Die
Verwaltung hat hierzu die Stadtentwässerungsbetriebe Köln AöR (StEB) um
Stellungnahme gebeten. Diese ist als Anlage beigefügt.
Aktuell
erneuerte die StEB ihre Einschätzung: „(…), dass eine Klärwerkserweiterung
aufgrund des prognostizierten Bevölkerungswachstumes und aufgrund von
verschärften Reinigungsanforderungen kommen wird. Zum heutigen Tag kann Umfang
und Zeitpunkt allerdings nicht vorhergesagt werden. Die dem Schlosspark
zugewandt Seite wäre bei einer notwendigen Vergrößerung der Belebungsbecken
zuerst betroffen. Würde man nun ersatzweise neue Belebungsbeckenvolumina auf
der Nordseite der Kläranlage errichten, so bestünde der Mehraufwand im Bau von
großvolumigen Umleitungskanälen sowie eines Pumpwerkes. So kommt die grobe
Einschätzung einer 2-stelligen Kostenmehrung zustande. Dieser Schätzung liegt
heute aber noch keine dezidierte Planung zugrunde. Auch wäre es nicht sinnvoll,
eine solche Planung für ein Szenario aufzustellen, dessen Auslegungsparameter
noch nicht bekannt sind. Diese Zahlen könnten immer in Zweifel gezogen werden.
Unabhängig
von diesem Zusammenhang ist bei allen Überlegungen für eine Flächennutzung in
der Nachbarschaft zur Kläranlage auf die bestehende Geruchsbelastung
hinzuweisen, die in unmittelbarer Nähe nicht zu vermeiden ist.“
Abstimmungsergebnis:
Kenntnis
genommen mit erneuter Wiedervorlage in der nächsten Ausschuss-Sitzung.