Zusatz: Die Beantwortung lag zur Sitzung am 23.03.2017 als Tischvorlage vor.

Beschluss: Kenntnis genommen

Beantwortung einer Anfrage:

 

Die CDU-Fraktion und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen baten darum, die folgende Anfrage auf die Tagesordnung des nächsten Liegenschaftsausschusses aufzunehmen und sie auch dem Ausschuss Umwelt und Grün sowie dem Stadtentwicklungsausschuss mitzuteilen:

 

„Seit geraumer Zeit wird für das städtische Baudenkmal „Ulrich-Haberland-Haus“, das unmittelbar am ebenfalls unter Denkmalschutz stehenden Stammheimer Schlosspark liegt und gemäß Landschaftsplan ein geschützter Landschaftsbestandteil ist, nach einer angemessenen Nutzung durch einen Investor gesucht. Derzeit interessieren sich unseres Wissens zwei Investoren für dieses Objekt, die jeweils von in Köln bekannten und renommierten Architekten begleitet werden. Im Wesentlichen beinhalten ihre Konzepte eine Wohnnutzung für altengerechtes und betreutes Wohnen. Vor diesem Hintergrund bitten wir die Verwaltung um Beantwortung folgender Fragen:

 

1.         Führt die Verwaltung mit diesen Interessenten Gespräche und wie ist der Sachstand dieser Gespräche?

 

2.         Welche konkreten Nutzungsvorstellungen wurden seitens der Interessenten dargestellt?

 

3.         Welche denkmalschutz-, planungs- und genehmigungsrechtlichen Erfordernisse sind bei einer Wohnnutzung des Ulrich-Haberland-Hauses zu berücksichtigen und unter welchen Rahmenbedingungen ist eine Wohnnutzung realisierbar?

 

4.         Treffen Informationen zu, wonach die Stadtentwässerungsbetriebe Köln AöR (StEB) Planungen betreibt, das Großklärwerk Stammheim in südliche Richtung zu erweitern und zu diesem Zweck sogar den Abriss des denkmalgeschützten Ulrich-Haberland-Hauses in Erwägung ziehen zu wollen?

 

5.         Welche Motive veranlassen die Verwaltung -sofern dies zutreffen sollte- einen solch gravierenden Sachverhalt nicht den zuständigen Ratsgremien darzulegen?“

 

 

Stellungnahme der Verwaltung:

 

Zu Frage 1:

Die Verwaltung hat bei Anfragen zu einer möglichen Nutzung des Ulrich-Haberland-Hauses sämtliche Interessenten in persönlichen Gesprächen, Briefen, E-Mails oder Telefonaten über den Sachstand ausführlich informiert. Sämtliche Gespräche sind abgeschlossen.

 

Zu Frage 2:

Sämtlichen Anfragen der letzten Jahre war gemein, dass sie nicht konkret waren bzw. auch nach Informationsgesprächen nicht konkreter wurden. Ohne eine vertiefte Auseinandersetzung mit den bestehenden Rahmenbedingungen und unter Verzicht auf die Entwicklung planungsrechtlicher Lösungsvorschläge wurden zum Teil lediglich anhand Renderings Ideen zu Wohnnutzungen unterschiedlicher Ausprägung präsentiert.

 

Zu Frage 3:

Eine Wohnnutzung ist aufgrund der bauplanungsrechtlichen Gegebenheiten ausgeschlossen.

 

Begründung:

Das 1952 von der Bayer AG als Altenheim errichtete Gebäude wurde wegen geringer Auslastung 1982 geschlossen und an die Stadt verkauft. Zwischen 1983 und 2001 wurde es als Studentenwohnheim genutzt. Seitdem steht es leer. Die denkmalrechtliche Unterschutzstellung erfolgte 1989. Der unmittelbar angrenzende Schlosspark steht bereits seit 1980 unter Denkmalschutz. Das Ulrich-Haberland-Haus hatte eine Baugenehmigung als Alten- bzw. Studierendenwohnheim und genoss daher Bestandsschutz. Da seit der Aufgabe der früheren Nutzung bereits 15 Jahre vergangen sind, ist dieser Bestandsschutz jedoch erloschen.

 

Jede Nutzung würde daher eine neue Baugenehmigung erfordern. Diese kann jedoch aus folgenden Gründen nicht erteilt werden:

 

  • Es existiert kein Bebauungsplan. Bereits 2013 wurde festgestellt, dass ein Bebauungsplan, der eine Wohnnutzung vorsieht, auch nicht aufgestellt werden kann. Der Stadtentwicklungsausschuss hatte deshalb am 14.03.2013 in öffentlicher Sitzung einstimmig das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans im Kontext des Projekts „:rhein – wohnen am strom“ aufgehoben. Dem vorangegangen war eine differenzierte Abwägung der Stellungnahmen, der fachtechnischen Prüfung und der Betrachtung der Wirtschaftlichkeit des Bebauungsplan-Entwurfs. Es muss festgestellt werden, dass das städtebauliche Konzept nicht mehr umgesetzt werden konnte, da

-               die Berücksichtigung des Erhalts des Naturdenkmals (Platane) und der Wegebeziehung im Nordwesten des Schlossparks den westlichen Baukörper in einem Maß reduziert, dass eine wirtschaftliche Umsetzung nicht mehr gegeben ist,

-               die Berücksichtigung der historischen Hochwasserschutzmauer ein Plateau zum Rhein hin als entwurflichen Kerngedanken unmöglich macht,

-               die Maßgabe der Erschließung über die Straße Am Stammheimer Schlosspark die Verschiebung des östlichen Baukörpers nach Süden in den Schlosspark erfordert, was eine weitere Beeinträchtigung des Schlossparks nach sich zöge.

 

Ferner resultierte im o.g. Verfahren aus der frühzeitigen Beteiligung der Dienststellen und Träger öffentlicher Belange, dass ein umfänglicher Ausbau der Straße Am Stammheimer Schlosspark für die Erschließung erforderlich wäre. Demgegenüber wurde der unbedingte Erhalt des wertvollen schützenswerten Baumbestands im Schlosspark eingefordert. Zu diesem Zweck wurde eine Baumkartierung angefertigt.
Der Ausbau der Straße Am Stammheimer Schlosspark als öffentliche Erschließungsanlage und der Schutz des Stammheimer Schlossparks erschwerten zudem die Anlage der erforderlichen Stellplätze erheblich. Für ebenerdiges Parken im Plangebiet müssten größere Flächen versiegelt werden. Eine Tiefgarage würde ebenfalls Eingriffe in den Baumbestand des Parks bedeuten und wäre in der wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung (Sanierung des denkmalgeschützten Ulrich-Haberland-Hauses, Ausbau der Straße Am Stammheimer Schlosspark) nicht finanzierbar.
Nach Abwägung der Stellungnahmen, der fachtechnischen Prüfung und der Betrachtung der Wirtschaftlichkeit konnte die planerische Grundlage für den Bebauungsplan-Entwurf nicht aufrechterhalten werden. Die Verwaltung empfahl daher, das Vorhaben, ergänzende Neubauten planungsrechtlich zu sichern, aufzugeben und das Bauleitplanverfahren einzustellen. Mit Verzicht auf eine ergänzende Bebauung entfiel auch das Planerfordernis nach § 1 Absatz 3 Satz 1 BauGB.

  • Rechtsgrundlage für die planungsrechtliche Beurteilung einer Nutzungsänderung des Ulrich-Haberland-Hauses ist § 35 BauGB, Außenbereich. Dort sind regelmäßig nur sogenannte „privilegierte Nutzungen“ zulässig. Dazu gehören beispielsweise landwirtschaftliche Betriebe oder auch solche Nutzungen, die im Bebauungszusammenhang aufgrund ihrer Emissionen selbst zu Beeinträchtigungen führen würden. Wohnnutzungen gehören nicht dazu.

    Bei denkmalgeschützter, also erhaltenswerter Substanz, wie dies hier der Fall ist (vgl. § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB), wären grundsätzlich auch andere Nutzungen zulässig, auch eine Wohnnutzung. Eine entsprechend sensible Nutzung scheidet jedoch aus Sicht der Verwaltung aufgrund der Unverträglichkeit mit der in unmittelbarer Nachbarschaft befindlichen Abwasserbehandlungsanlage aus. Das Risiko, dass auch weniger sensible Nutzungen des Ulrich-Haberland-Hauses zu massiven betrieblichen Einschränkungen der unmittelbar benachbarten Abwasserbehandlungsanlage, einer zentralen Infrastruktureinrichtung der Stadt Köln, führen könnte, wäre enorm hoch und ist daher unbedingt zu vermeiden.

 

 

·        Die Stadtentwässerungsbetriebe haben mit Schreiben vom 10.12.2013 die Änderung des Flächennutzungsplanes beantragt. Im Flächennutzungsplan wird das Areal derzeit als Grünfläche mit dem Signet "Alteneinrichtung" dargestellt. Die StEB beantragten eine Änderung des FNP.  Aufgrund erforderlicher Erweiterungen des Großklärwerkes und Anpassungen an den Stand der Technik (Einbau einer 4. Reinigungsstufe) sollte das Areal des Ulrich-Haberland-Hauses und weitere Teile des Schlossparks in einer FNP-Fortschreibung für Klärwerkserweiterungsbedarfe reserviert werden. Einen aktuellen Bedarf für die Erweiterung gibt es nicht, lediglich im Sinne einer Vorsorgemaßnahme sollte der FNP angepasst werden. Diesen Antrag hat 61 mit Schreiben vom 19.02.2014 an die StEB abgelehnt mit dem Hinweis auf die unter Denkmalschutz stehenden Anlagen Schlosspark und Ulrich-Haberland-Haus.

 

  • 23 als Eigentümerin des Ulrich-Haberland-Hauses hatte die Absicht, das Gebäude niederzulegen, weil der bauliche Zustand als desolat zu bezeichnen und nach Ansicht von 23 aufgrund der unzureichenden Erschließung und der Restriktionen aus dem Landschafts- und Denkmalschutzschutz eine wirtschaftliche Nutzung des Gebäudes nicht darstellbar ist. Diese Haltung fand auch ihren Niederschlag in der Beantwortung einer Anfrage der CDU-Fraktion der BV Mülheim am 26.01.2015 (Session-Nr. 0102/2015). Aufgrund dieser Beantwortung fasste die BV Mülheim in ihrer Sitzung am 09.03.2015 in einem gemeinsamen Dringlichkeitsantrag den Beschluss, dass der Abriss des Ulrich-Haberland-Hauses abgelehnt würde und die Verwaltung beauftragt wird, nach einem geeigneten Investor zu suchen (AN 0435/2015). Diesen Auftrag bemüht sich 23 umzusetzen, aufgrund der geschilderten Restriktionen allerdings bislang ohne Erfolg.

 

Die erneute Betrachtung des Sachverhaltes im März 2017 durch das Stadtplanungsamt bestätigte die vorangegangenen Schlussfolgerungen. Die Schaffung von Planungsrecht für eine neue Nutzung des Ulrich-Haberland-Hauses ist auch bei nochmaliger Betrachtung nicht möglich. Zusätzlich zu den bereits aufgeführten Rahmenbedingungen  kommen folgende Aspekte hinzu:

  • Auf dem Klärwerksgelände treten tieffrequente Impulsgeräusche auf. Diese Geräusche lassen sich nicht unterbinden und ein wirksamer Schutz vor diesen ist aufgrund der Frequenz nicht möglich. Verschärft würde der Konflikt zwischen Wohnnutzung und Kläranlage durch eine aller Voraussicht nach notwendige Erweiterung der Kläranlage, wobei dann auch die Frage der Geruchsbelastung neu bewertet werden müsste.
  • Bei der Kläranlage handelt es sich um eine ortsgebundene Einrichtung mit übergeordnetem öffentlichen Belang. Bei der Abwägung des öffentlichen Interesses nach Erhalt und Nutzung eines Denkmals gegen den Belang des Schutzes einer Großkläranlage muss der Schutz der Kläranlage mit den getroffenen Investitionen deutlich schwerer wiegen.

 

Das Stadtplanungsamt sieht auch nach nochmaliger Prüfung des Sachverhalts keine Möglichkeit, durch ein Bebauungsplanverfahren die Nachnutzung des Ulrich-Haberland-Hauses mit einer Wohnnutzung zu ermöglichen, ohne dass es zu etwaigen Beeinträchtigungen des Klärwerksbetriebes kommen  könnte. Die Herstellung einer gesicherten Erschließung ist aufgrund des Baumbestandes und des Denkmals „Schlosspark“ faktisch unmöglich.

Die Spielräume für eine Genehmigung nach § 35 BauGB sind sehr stark eingeschränkt. Der Flächennutzungsplan als öffentlicher Belang enthält für das Areal lediglich das Signet „Alteneinrichtung“. Die seinerzeitige Nutzung als Studentenwohnen liegt länger als sieben Jahre zurück, der Bestandsschutz ist damit verwirkt.

Im Weiteren ist zwingend zu bedenken, dass zur Versorgung der Stadt die Sicherung des Standortes für das Klärwerk mit seinen Ausbauerfordernissen zu gewährleisten ist in Anbetracht der Prognose zum Wachstum der Stadt.

 

 

Zu Fragen 4 und 5:

 

Die Verwaltung hat hierzu die Stadtentwässerungsbetriebe Köln AöR (StEB) um Stellungnahme gebeten. Diese ist als Anlage beigefügt.

 

Aktuell erneuerte die StEB ihre Einschätzung: „Die Einschätzung seitens der StEB ist, dass eine Klärwerkserweiterung aufgrund des prognostizierten Bevölkerungswachstumes und aufgrund von verschärften Reinigungsanforderungen kommen wird. Zum heutigen Tag kann Umfang und Zeitpunkt allerdings nicht vorhergesagt werden. Die dem Schlosspark zugewandt Seite wäre bei einer notwendigen Vergrößerung der Belebungsbecken zuerst betroffen. Würde man nun ersatzweise neue Belebungsbeckenvolumina auf der Nordseite der Kläranlage errichten, so bestünde der Mehraufwand im Bau von großvolumigen Umleitungskanälen sowie eines Pumpwerkes. So kommt die grobe Einschätzung einer 2-stelligen Kostenmehrung zustande. Dieser Schätzung liegt heute aber noch keine dezidierte Planung zugrunde. Auch wäre es nicht sinnvoll, eine solche Planung für ein Szenario aufzustellen, dessen Auslegungsparameter noch nicht bekannt sind. Diese Zahlen könnten immer in Zweifel gezogen werden.

 

Unabhängig von diesem Zusammenhang ist bei allen Überlegungen für eine Flächennutzung in der Nachbarschaft zur Kläranlage auf die bestehende Geruchsbelastung hinzuweisen, die in unmittelbarer Nähe nicht zu vermeiden ist.“

 

 

 

 

Anlage

 

 

 


Abstimmungsergebnis:

Kenntnis genommen