Der
Rat hat in seiner Sitzung am 11.07.2017 unter anderem die Verwaltung
beauftragt, gutachterlich prüfen zu lassen, wie die Errichtung und der Betrieb
eines neuen Frischezentrums in Marsdorf nach europarechtlichen Vorgaben am
besten und am wirtschaftlichsten dargestellt werden könne. Zunächst solle eine
erste Empfehlung zur möglichen Betriebsform unter beihilferechtlichen
Gesichtspunkten eingeholt werden. Um eine tiefergehende Untersuchung der
Betriebsform solle es sich nicht handeln; zu prüfen wäre jedoch, ob ggf.
Betriebsformen schon ohne tiefergehende Prüfung ausgeschlossen werden könnten.
Die Frage des Betreibermodells solle auf den Ergebnissen der
beihilferechtlichen Prüfung aufsetzen und wäre im Anschluss zu beauftragen.
1. Gutachten
beauftragt / Tendenzeinschätzung liegt vor
Die
beihilferechtliche Prüfung wurde mittlerweile an die auf das Beihilferecht und
Vergaberecht spezialisierte Kanzlei AULINGER Rechtsanwälte, Essen, vergeben.
Mit dieser Kanzlei bestehen in Bezug auf das Beihilferecht positive Erfahrungen
der Verwaltung. So hat die Kanzlei die Betrauung der moderne stadt GmbH im
Rahmen der Innenstadtentwicklung in Porz begleitet. Diese Betrauung wurde durch
den Rat der Stadt Köln beschlossen.
Die
Gutachter sind nach einer ersten Befassung zum Ergebnis gelangt, dass das
Vorhaben einer gesonderten beihilferechtlichen Rechtfertigung bedarf.
2. Betriebsform
beihilferechtlich irrelevant
Die
Gutachter weisen darauf hin, dass für die EU-Kommission der rechtliche Status,
in der eine organisatorisch selbstständige Einheit eine wirtschaftliche
Tätigkeit ausübt, bedeutungslos ist.
Das
heißt, es käme der EU-Kommission bei der Anwendung des Beihilferechts nicht auf
die Rechtsform an, in der die Tätigkeit „Großmarktbetrieb“ ausgeübt würde.
Demnach wäre es beihilferechtlich unerheblich, ob bei einer Änderung der
bisherigen Betriebsform die Marktverwaltung als Regiebetrieb, Eigenbetrieb,
GmbH, AG, gemischtwirtschaftliche GmbH, ggf. weiteres Modell unter Einbeziehung
der Händler, Genossenschaft oder bspw. AöR durchgeführt würde. Keine nach
deutschem Recht existierende Betriebsform stellt die Stadt Köln per se
beihilferechtlich besser oder schlechter. Eine vertiefte
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung wäre daher nicht beihilferechtlich determiniert.
3. Beihilferechtliche Zulässigkeit der
Finanzierung der Errichtung des neuen Frischezentrums durch die Stadt Köln
Bei einem wie vorliegend
gegebenem Infrastrukturprojekt unterscheidet die EU-Kommission hinsichtlich von
Beihilfen zwischen der Betreiberebene und der Nutzerebene. Dies erfolgt
nachfolgend ebenfalls. So wäre ein Tatbestand, zu dem das Beihilferecht ein
grundsätzliches Verbot ausspricht, vor diesem Hintergrund dann gegeben, wenn
die Stadt Köln der neu gegründeten Einheit das Grundstück unbebaut verpachten
würde, ohne einen marktkonformen Pachtzins zu erheben.
Selbiges wäre der Fall,
wenn die Stadt Köln in der Folgezeit die Finanzierung des Baus des
Frischezentrums durch die Einheit nicht bloß unter Marktbedingungen begleitet.
Würde also die Stadt Köln der Einheit ein Darlehen gewähren, das einen
niedrigeren Kapitaldienst aufweist als bei einer privatwirtschaftlichen Bank,
wäre erneut eine Beihilfe verwirklicht. Gewährt die Stadt Köln der Einheit
alternativ dazu eine Garantie oder Bürgschaft, um eine Fremdfinanzierung bei
einer privatwirtschaftlichen Bank abzusichern, ohne die hierfür fällige
Gegenleistung zu erhalten, läge ebenfalls eine Beihilfe vor.
Baut die Stadt Köln das
Frischezentrum selbst und stellt der Einheit das Grundstück mit aufgebautem
Frischezentrum zur Verfügung, wäre ein marktkonformer Pachtzins nur gegeben,
wenn in diesem auch die (Re-)Finanzierungskosten mit berücksichtigt wären. Denn
das Frischezentrum würde unter beihilferechtlichen Gesichtspunkten als
Infrastruktur anzusehen sein, welche dem Betreiber vom Eigentümer/Träger nur
unter normalen Marktbedingungen unter Ausschluss jeglicher wirtschaftlicher
Vorteile zur Verfügung gestellt werden dürfte.
In diesem Zusammenhang
wären erneut die Mieter als Endnutzer der Flächen in Betracht zu nehmen. Auch
diesen gegenüber würde eine Beihilfe gegeben sein, wenn diese keine
marktkonforme Gegenleistung für die überlassenen Flächen bezahlen müssen. Die Marktüblichkeit ist erst nachgewiesen, wenn der Betreiber in der Lage
ist, mit den Nutzungsentgelten alle aus dem Nutzungsvorgang resultierenden
„inkrementellen Kosten“ sowie einen angemessenen Gewinnzuschlag zu
erwirtschaften. Laut Entscheidung der Kommission (Entscheidung vom 1. Oktober
2014, SA.36147 (Propapier), ABl. EU L 89 vom 1. April 2015, S. 72, Rn. 176 ff.)
sollen die „inkrementellen Kosten“ alle Personal-, Ausrüstungs- und
Investitionskosten umfassen, die durch die Inanspruchnahme der Infrastruktur
durch den jeweiligen Nutzer entstehen. Da die Mieteinnahmen die Gesamtkosten
nach vorliegender Information nicht decken, wäre eine Beihilfe zu bejahen.
4. Aktueller
Untersuchungsschwerpunkt
Aktueller
Untersuchungsschwerpunkt der Gutachter ist die Frage der Rechtfertigung einer
Beihilfe. So lässt das EU-Beihilferecht durchaus auch Ausnahmen vom
Beihilfeverbot zu.
Hinterfragt
wird zurzeit eine Betrauungslösung gegenüber einer städtischen Tochter, was
bejaht werden könnte, wenn der Bau und Betrieb eines Frischezentrums als
Daseinsvorsorgeaufgabe, ähnlich wie der Bau und Betrieb eines Theaters, Museums
oder ähnliches angesehen werden könnte. Herausfordernd ist an einer solchen
Sicht, dass im regionalen Umfeld bereits verschiedene Großmärkte existieren und
nach dem Stand der vorliegenden Informationen wohl auch kostendeckend arbeiten.
Es existiert demnach offenbar ein funktionierender Markt, in dem auch private
Unternehmen aktiv sind. Insbesondere der Fresh Park in Venlo könnte Anstoß an
einer Daseinsvorsorgeargumentation nehmen.
Als
wichtig sehen es die Gutachter deshalb an, zu den erzielten Zwischenergebnissen
Aussagen der für die Beihilfekontrolle zuständigen Behörden zu erhalten.
Hierbei handelt es sich zunächst um das Landeswirtschaftsministerium und das
Bundeswirtschaftsministerium. Diese Ministerien halten Abteilungen vor, die bei
komplexen Projekten Hilfestellung aufgrund ihres permanenten Kontakts zur
EU-Kommission bieten können. In diesem Kontext soll auch die Frage angesprochen
werden, in welcher Weise die Ministerien eine etwaig notwendige Notifizierung
bei der EU-Kommission beschleunigen könnten.
Bei
der Notifizierung handelt es sich um das letzte Mittel zu Erlangung
beihilferechtlicher Rechtssicherheit, indem bei der EU-Kommission in Brüssel
das Vorhaben vorgestellt und im Anschluss zur Prüfung angemeldet wird. Nachteil
einer Notifizierung ist sicherlich der damit eintretende inhaltliche und
zeitliche Aufwand. So dauern Notifzierungsverfahren erfahrungsgemäß bis zu zwei
Jahre und bedürfen einer entsprechend eingehenden Darstellung von Einzelheiten
zu dem Vorhaben. Die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung müsste vor Einleitung eines
solchen Verfahrens abgeschlossen sein.
5. Weiteres
Vorgehen
Verwaltungsseitig
besteht die Absicht, die Argumentation zur beihilferechtlichen Rechtfertigung
zu vertiefen und auf dieser Basis Gespräche mit dem
Landeswirtschaftsministerium zu führen und dann erneut zu berichten. Parallel
dazu soll der Wirtschaftlichkeitsvergleich die Betriebsform betreffend in
Auftrag gegeben werden.
Abstimmungsergebnis:
Kenntnis genommen